«Das Wirken des Stadtteilvereins wird enorm geschätzt»
Regina Jäggi war der letzte Gemeindeammann von Rohr, bevor 2010 mit Aarau fusioniert wurde. Anschliessend war sie Aarauer Stadträtin. Heute schreibt sie Artikel für das «Sprach- Rohr», dem Informationsblatt des Stadtteilvereins. Thomas Bürgisser ist seit der Gründung des Vereins Präsident und hat den Stadtteilverein über all die Jahre intensiv begleitet. Die beiden schauen auf 10 Jahre Stadtteilverein zurück, äussern sich zum Zukunftraum und erzählen von ihren Wünschen für den Verein.
In diesem Jahr feiern wir das Zehnjährige des Stadtteilvereins Rohr. Was waren damals die Beweggründe für die Gründung des Vereins?
Regina Jäggi: Als Gemeindeammann war es mir ein grosses Anliegen, dass die Kultur und die Traditionen nach einer Fusion mit Aarau nicht ganz verloren gehen. Deshalb wurden alle Vereine eingeladen, sich dazu zu äussern. Nach drei intensiven Sitzungen war klar, der Verein «Schönes Rohr» wurde zum Stadtteilverein.
Herr Bürgisser, Sie sind der Präsident des Stadtteilvereins. Wie sieht die Bilanz 10 Jahre später aus?
Thomas Bürgisser: Sehr erfreulich. Wir stellen fest, dass sich die Vernetzung untereinander bestens bewährt. Das zeigt sich auch am enormen Aufmarsch an den Anlässen. Das Wirken des Stadtteilvereins wird von der Bevölkerung enorm geschätzt.
«Der Stadtteilverein hat einen hohen Stellenwert bei der Bevölkerung und zwar nicht nur bei den Alt-Rohrerinnen und -Rohrern»
Wenn Sie zurückblicken, welches waren für Sie die erfolgreichsten Projekte einerseits und die grösste Herausforderung andererseits?
Thomas Bürgisser: Eindeutig das Dorffest im Jahre 2012, das war Herausforderung und Erfolg zugleich. Aber auch unsere beiden Anlässe, das Jazzmatinée im Spätsommer und das Neujahrskonzert «Klassik in Rohr» sind jeweils ein Highlight. Das «SprachRohr», das jeweils drei Mal im Jahr erscheint und die Finanzierung aller Anlässe fordert den Verein ebenfalls.
Frau Jäggi, wie wichtig ist der Stadtteilverein für die Einwohner im Stadtteil Aarau Rohr?
Regina Jäggi: Der Stadtteilverein hat einen sehr hohen Stellenwert bei der Bevölkerung und zwar nicht nur bei den Alt-Rohrerinnen und -Rohrern. Das Angebot ist für alle Menschen gedacht. Auch die Entwicklung im Vorstand zeigt Erfreuliches, denn da sind nicht nur die «Alteingesessenen» sondern auch junge Zugezogene und «Aarauer».
Welche Aktivitäten vom Verein schätzen Sie besonders?
Regina Jäggi: Persönlich liegen mir der Weihnachtsbaumverkauf und die «Zopftour » am Herzen, an denen ich seit Jahren mithelfe. Jedoch hat jeder Anlass sein besonderes Ambiente, deshalb ist es schwierig eine Auswahl zu treffen.
Herr Bürgisser, wie sieht die momentane Situation bei den Anlässen aus? Können Sie die Events, die Sie für diesen Sommer organisiert haben, überhaupt durchgeführt werden?
Thomas Bürgisser: Leider mussten wir alle Events bis Ende Juni absagen. Ob die Feier unter den Linden am 1. August und das Jazzmatinée vom 30. August stattfinden werden, wird Ende Juni entschieden.
Wäre auch etwas zum Zehnjährigen geplant gewesen?
Thomas Bürgisser: Ja, es hätte im Juni ein Fest im kleinen Rahmen gegeben. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Auch an der diesjährigen GV, die abgesagt wurde, hätte es einen Rückblick auf die letzten 10 Jahre gegeben.
Der Zusammenschluss zwischen Aarau und Rohr wird oft im Projekt Zukunftsraum erwähnt. Wie haben Sie den Zusammenschluss und die Folgejahre erlebt?
Thomas Bürgisser: Durch den Zusammenschluss ging ein Ruck durch einen Teil der Bevölkerung, indem man sich speziell darauf besonnen hat, Traditionen weiterzuführen, unabhängig von denjenigen der Stadt. Alte Rohrer Traditionen stehen jedoch nicht im Wettbewerb mit Aarauer Traditionen. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch heute einer Fusion mit der Stadt Aarau zugestimmt würde.
Regina Jäggi: Das glaube ich auch. Damals haben über 84% der Bevölkerung von beiden Gemeinden ein JA in die Urne gelegt und so würde auch heute noch abgestimmt werden. Im grossen Ganzen war der Zusammenschluss eine positive Erfahrung, man tauschte sich auf Augenhöhe aus und hatte Verständnis für die Anliegen beider Seiten. Es war ja ein Novum für die Stadt wie für die Gemeinde und so gab es ein paar Stolpersteine, die jedoch ausgeräumt werden konnten. Ideal war sicher, dass ich anschliessend noch acht Jahre im Stadtrat mein Wissen um die ehemalige Gemeinde einbringen konnte.
«Ich bin der festen Überzeugung, dass auch heute einer Fusion mit der Stadt Aarau zugestimmt würde.»
Frau Jäggi, Sie gehören zur Resonanzgruppe im Projekt Zukunftsraum. Aktuell wird die Einführung von Stadtteilkommissionen mit einem eigenen kleinen Budget vorgeschlagen. Was halten Sie von diesem Vorschlag?
Regina Jäggi: Eine Stadtteilkommission ist eine gute Sache, da sich die Bevölkerung aktiv einbringen kann. Die Einwohnerinnen und Einwohner der verschiedenen Stadtteile haben einen direkteren Bezug zur Politik und können sich mit ihren Anliegen an eine vom Stadtrat gewählte Kommission wenden und fühlen sich so besser vertreten.
Wie schätzen Sie beiden das Projekt Zukunftsraum ein?
Regina Jäggi: Ich gebe dem Projekt eine grosse Chance, denn alle beteiligten Gemeinden konnten sich von Beginn her aktiv in den gesamten Prozess einbringen. Es fanden immer Diskussionen und Lösungsfindungen auf paritätischer Ebene statt, was zu einem guten Endergebnis für die kommenden Abstimmungen führte. Die heutigen, wie künftigen Aufgaben der Gemeinden verlangen ein starkes Miteinander und können in grösseren Organisationseinheiten gezielter angegangen werden.
Thomas Bürgisser: Auch ich habe mich mit dem Projekt sehr auseinander gesetzt, viel darüber gelesen und Veranstaltungen besucht. Es erstaunt mich, dass einige Menschen so verschlossen, so nicht offen für Neues sind. Es wird immer noch zu stark das eigene «Gärtli» gepflegt und gehegt. Ich wünsche mir eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem Projekt.
«Mein Ziel ist es, 500 Mitglieder im Verein zählen zu dürfen.»
Nun aber wieder zurück zum Stadtteilverein. Was für Projekte stehen dort als Nächstes an?
Thomas Bürgisser: Mein Ziel ist es, 500 Mitglieder im Verein zählen zu dürfen. Im Moment sind es über 450. Da möchte ich in irgendeiner Form Mitgliederwerbung machen. Wie die aussehen könnte, wird im Vorstand bald diskutiert werden.
Und Sie Frau Jäggi, was wünschen Sie dem Stadtteilverein?
Regina Jäggi: Ich wünsche dem Stadtteilverein, dass er weiterhin spürt, wo die Bedürfnisse der Bevölkerung liegen und sein Programm laufend anpasst, wie das bis anhin geschehen ist. Das Wichtigste jedoch ist, dass die Menschen auch weiterhin so mitmachen.