Vom Schwingkeller an den Wickeltisch
Für den Uerkner Schwinger Patrick Räbmatter geniesst der Sport momentan aus verschiedenen Gründen nicht oberste Priorität.
Die knapp drei Wochen alte Ronja liegt dösend auf Papas muskulösem Arm und geniesst es sichtlich. Ronja, die bei der Geburt 47 cm klein und 2855 g leicht war, gibt kaum einen Mucks von sich – und das anscheinend nicht nur, wenn Besuch da ist. «Sie schläft gut und bereits fünf, sechs Stunden am Stück», erzählt der Uerkner Schwinger Patrick Räbmatter. Das hilft bei der Angewöhnungszeit, die schon ziemlich fortgeschritten ist. «Am Anfang bin ich immer mit aufgestanden und wir haben zusammen nach ihr gesehen», erklärt der stolze Vater, «entgegengekommen ist mir diesbezüglich auch die Coronazeit. Ich bin am Sonntag jeweils nicht weg, trainiere nicht viel und kann die Zeit mit der Familie geniessen.»
Filigranarbeit gefordert
«Er macht sich sehr gut als Vater», sagt «Räbis» Ehefrau Vanessa, «ich kann mich wirklich nicht beklagen.» Noch habe er etwas Respekt, wenn es ums Wickeln des zierlichen Persönchens gehe, «aber wenn es nicht anders geht, macht er auch das. Ausserdem badet er sie immer.»
Das Schwingen geriet aus mehreren Gründen deshalb zuletzt ins zweite oder sogar dritte Glied. Heirat, Geburt und das Verbot für die Trainings im Schwingkeller und im Fitnesscenter. «Seit Beginn des zweiten Lockdowns habe ich nichts mehr gemacht», gibt der zweifache Eidgenosse Patrick Räbmatter offen zu. Ich habe zwar einige wenige Geräte im Keller, aber Joggen ist mit meiner Statur auf die Dauer keine gute Idee.» Bedenken um seine Konkurrenzfähigkeit macht er sich trotzdem keine: «Kraftmässig verlor und verliere ich in dieser Zeit schätzungsweise 10 bis 15 Prozent. Das ist für mich aber kein so grosses Problem, weil ich ja einen guten Körperbau habe. Und das Schwingerische verlernt man nicht so schnell. Hingegen müssen dann die Automatismen wieder greifen, und das bringt man nur mit Schwingen hin.» Er hoffe auf eine baldige Lockerung und damit Wiedereröffnung der Sportanlagen, «dann gebe ich wieder Vollgas».
Die Begeisterung und den Ehrgeiz hat er trotz schwierigem sportlichen Jahr nicht verloren. «So aufhören könnte ich auch nicht», so Patrick Räbmatter, «eigentlich habe ich einmal gesagt, ich mache bis 2022 und damit bis zum ESAF in Pratteln weiter. So aber gibt es vielleicht noch ein, zwei Jahre mehr.» Obwohl derzeit in seinem Leben andere Dinge Priorität geniessen, ist dem 29-Jährigen anzumerken, wie sehr er das Schwingen vermisst. «Es fehlen mir vor allem die Begegnungen auf den Schwingplätzen», erklärt Patrick Räbmatter. So ist klar, dass er sich nach einer Saison ohne ein einziges Schwingfest möglichst bald wieder mit anderen messen möchte. «Ich hoffe, es ist ab Mitte Mai wieder so weit», sagt «Räbi». Nicht zuletzt auch deshalb, weil er befürchtet, dass je länger die Zwangspause droht, je mehr Junge auch aufhören werden.
Wann startet Saison 2021?
So viel zu seinem Wunsch. Ob dieser auch in Erfüllung geht, bleibt aber mehr als fraglich. Deshalb kam von Verbandsseite auch die Idee von speziellen Anlässen auf: Wettkämpfe ohne Zuschauer oder Schwingfeste nur für Eidgenossen und Kranzer. Patrick Räbmatter scheint davon nicht begeistert: «Es hat immer geheissen, dass beim Schwingen alle gleich behandelt werden sollen – und daran glaube ich, auch wenn ich mich natürlich freuen würde, wenn ich wieder ins Sägemehl dürfte. Wenn es wieder Schwingfeste gibt, versuche ich sicher teilzunehmen – notfalls auch ohne Zuschauer.»
Und sonst bleibt immerhin mehr Zeit für Frau Vanessa und Tochter Ronja, die dereinst übrigens sportlich nicht unbedingt in seine Fussstapfen treten soll: «Ich glaube nicht, dass es aus Ronja eine Schwingerin geben wird, aber man weiss nie. Sie soll einfach machen, was sie will.»